Abstract
In relation to the discourse and controversy surrounding the problem of
nuclear waste disposal, an increasing interest in the form and design of
research on the subject can be observed among stakeholders and the interested
public, as is evident in the final report of the Repository Commission (2016)
and in the discussions during the Sub-Areas Conference. In the authors'
opinion, this is partly due to the fact that the actions of different
scientific institutes and scientists varied widely during the conflicts of
past decades. An attribution as “issue advocacy”, i.e., as an actor serving a particular
political agenda (Pielke, 2007), appeared obvious in many cases, and led to
controversy and fundamental criticism of the role of “science” (Repository
Commission 2016, Chap. 4.1.1 on the Asse II mine and particularly the two
“parallel representations” of the Gorleben site in Chap. 4.1.4). For these
reasons, the Repository Commission recommended the creation of
transdisciplinary research collaborations (ibid., Chap. 6.9).
With the joint TRANSENS project (http://www.transens.de, last access: 21 October 2021), a transdisciplinary collaboration has been
created to pursue application-oriented basic research into four “theme
corridors” of nuclear waste management. The term theme corridor was introduced
in light of the limitations of the “co-design” approach, i.e., the
cooperative formulation of research questions, within the constraints
stipulated by application and funding processes. The term describes the fact
that the selection and width of topics are still subject to change even
during the transdisciplinary research. The conception and implementation of
this innovative approach led to a series of conceptional and theoretical but
also practical questions. Due to different and sometimes divergent definitions
(cf., e.g., Klein, 2013), within the project, the term “transdisciplinarity”
is understood as a reflexive, integrative, and methodology-guided scientific
principle geared towards solving a societal problem and related scientific
challenges, i.e., nuclear waste management. A central element is the inclusion
of non-specialists and actors from the realm of practice in the field in the research processes, in
order to incorporate their (non-specialist) knowledge, values, and
expectations. According to Maasen's typology (2010), the application-oriented
basic research performed in the project is “interventional” (in other
publications: “transformative”) to only a limited extent, but, in contrast, primarily
“methodological” and “distributed.” There thus exists a distance to the
site-selection process and other nuclear waste management projects in
Germany. The actors or groups of actors to be included and the
transdisciplinary formats are selected on a stepwise case-by-case basis,
depending on the type and subject of the research (cf. the examples from
TRANSENS subprojects presented in other papers submitted to the
symposium). This presentation reflects findings and experiences in view of a
complex conception and application process and currently 2 years of research
experience from the perspective of the participants (the standing working
group and other scientists) using case studies from the theme corridors. It
thus provides a discussion basis for the session “Challenges & Solutions of disposal research and transdisciplinarity”.
Kurzfassung
Im Zusammenhang mit den Diskursen und Kontroversen um das
Problemfeld der nuklearen Entsorgung ist ein wachsendes Interesse von
Stakeholdern und der interessierten Öffentlichkeit an der Gestaltung der
Forschung zur nuklearen Entsorgung zu beobachten – sichtbar etwa im
Abschlussbericht der Endlagerkommission (2016) und den Diskussionen
während der Fachkonferenz Teilgebiete. Dies ist nach Auffassung der
Autoren u. a. der Tatsache geschuldet, dass wissenschaftliche Einrichtungen,
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Konflikten der vergangenen
Jahrzehnte in unterschiedlichster Weise agierten. Eine Einordnung als
„Issue Advocate“, also als Akteur im Dienste einer politischen
Agenda (Pielke, 2007), lag in vielen Fällen nahe und führte zu
Kontroversen und grundlegender Kritik hinsichtlich der Rolle „der“
Wissenschaft (Endlagerkommission, 2016, Kap. 4.1.1 zur Schachtanlage Asse II
und insbesondere die beiden „parallelen Darstellungen“ zum
Standort Gorleben in Kap. 4.1.4). Wohl auch aus diesen Gründen hat die
Endlagerkommission die Schaffung eines transdisziplinären
Forschungsverbunds empfohlen (ebenda, Kap. 6.9).
Mit dem Verbundvorhaben TRANSENS (http://www.transens.de, letzter Zugriff: 21 Oktober 2021) wurde ein solcher Verbund geschaffen, in dem
anwendungsorientierte Grundlagenforschung zu vier
„Themenkorridoren“ der nuklearen Entsorgung betrieben wird. Der
Begriff des Themenkorridors wurde angesichts der Grenzen des
„Co-Design“-Ansatzes, also einer kooperativen Formulierung von
Forschungsfragen innerhalb der durch den Antrags- und Förderprozess
gesetzten Randbedingungen, eingeführt. Der Begriff beschreibt die
Tatsache, dass Themenwahl und -breite auch während der
transdisziplinären Forschung noch Veränderungen unterliegen. Die
Konzeption und Umsetzung eines solchen innovativen Ansatzes führte zu
einer Reihe konzeptioneller und theoretischer, aber auch praktischer
Fragen. Der Begriff der Transdisziplinarität wird angesichts
unterschiedlicher und zum Teil divergierender Definitionen (vgl. z. B. Klein,
2013) im Vorhaben als reflexives, integratives und methodengeleitetes
wissenschaftliches Prinzip verstanden, das auf die Lösung eines
gesellschaftlichen Problems und darauf bezogener wissenschaftlicher
Herausforderungen – der nuklearen Entsorgung – ausgerichtet ist. Zentrales
Element ist die Einbeziehung von Nicht-Spezialisten und Praxisakteuren in die
Forschungsprozesse, um so deren (auch nicht-fachspezifische)
Wissensbestände einzubeziehen und ihre Wertvorstellungen und Erwartungen
zu berücksichtigen. Die anwendungsorientierte Grundlagenforschung im
Vorhaben ist dabei gemäß der Typologie nach Maasen (2010) nur in
begrenztem Maße „intervenierend“ (in anderen
Veröffentlichungen: „transformativ“), sondern vorrangig
„methodologisch“ und „verteilt“. Es besteht also eine
Distanz zum Standortauswahlprozess und anderen Vorhaben der nuklearen
Entsorgung in Deutschland. Die einzubeziehenden Akteure oder Akteursgruppen
sowie die transdisziplinären Formate werden fall- und stufenweise je nach
Typ und Gegenstand der Forschung ausgewählt (vgl. hierzu die Beispiele aus
TRANSENS-Teilprojekten, die in weiteren zum Symposium eingereichten
Vorträgen vorgestellt werden). Dieser Vortrag reflektiert Erkenntnisse und
Erfahrungen angesichts eines komplexen Konzeptions- und Antragsprozesses und
nunmehr zweijähriger Forschungserfahrung aus der Sicht der Beteiligten
(ständige „Arbeitsgruppe Bevölkerung“ sowie
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler) anhand von Fallbeispielen aus den
Themenkorridoren. Er liefert somit eine Diskussionsgrundlage für die
Session „Herausforderungen und Lösungen bei der Transdisziplinarität in der Endlagerforschung“.