Dissolution of simplified nuclear waste glass and formation of secondary phases
Immobilization of high-level and intermediate-level nuclear wastes by vitrification in borosilicate glass is a well-established process. There is a consensus between the waste management agencies of many countries and many experts that vitrified nuclear waste should be disposed of in a deep geological waste repository and therefore its long-term behavior needs to be taken into account in safety assessments. In contact with water, borosilicate glass is metastable and dissolves. In static dissolution experiments, often a surface alteration layer (SAL) forms on the dissolving glass, and later sometimes secondary phases form. Based on boron or lithium release rates, commonly three stages of glass dissolution are defined as a function of the reaction progress: (I) initial dissolution, described by a congruent glass dissolution at the highest rate, (II) residual dissolution, characterized by a glass dissolution rate several orders of magnitude lower than the initial one, and (III) resumption of glass alteration with initial rates. Microscopically, the formation of a complex SAL has been identified as a prerequisite for the slower dissolution kinetics of stage II. Stage III is typically observed under specific conditions, i.e., high temperature and/or high pH driven by the uptake of Si and Al into secondary phases. Different glass dissolution models explaining the mechanisms of the SAL formation and rate-limiting steps have been proposed and are still under debate.
In this article different aspects of glass dissolution from recent studies in the literature and our own work are discussed with a focus on the microscopic aspects of SAL formation, secondary phase formation and the resumption of glass dissolution. Most of the experiments in the literature were performed under near-neutral pH conditions and at 90 ∘C, following standard procedures, to understand the fundamental mechanisms of glass dissolution. The example of interaction of glass and cementitious materials as discussed here is relevant for safety assessments because most international concepts include cement e.g., as lining, for plugs, or as part of the general construction of the repository. The aim of the investigations presented in this paper was to study the combined effect of hyperalkaline conditions and very high surface area/volume ratios () on the dissolution of international simplified glass (ISG) and the formation of secondary phases at 70 ∘C in a synthetic young cement water containing Ca (YCWCa). The new results show that the SAV ratio is a key parameter for the dissolution rate and for the formation of the altered glass surface and secondary phases. A comparison with similar studies in the literature shows that especially on the microscopic and nanoscale, different SAV ratios lead to different features on the dissolving glass surface, even though the SA-normalized element release rates appear similar. Zeolite and Ca-silicate-hydrate phases (CSH) were identified and play a key role for the evolution of the solution chemistry. A kinetic dissolution model coupled with precipitation of secondary phases can be applied to relate the amount of dissolved glass to the evolution of the solution's pH.
Die Immobilisierung hoch- und mittelradioaktiver Abfälle durch Verglasung in Borsilikatglas ist ein etabliertes Verfahren. Es besteht Konsens zwischen den Entsorgungsbehörden vieler Länder und vielen Experten, dass verglaste hochradiaoktive Abfälle in einem tiefen geologischen Endlager entsorgt werden sollten und daher ihr Langzeitverhalten bei Sicherheitsbewertungen betrachtet werden muss. In Kontakt mit Wasser ist Borosilikatglas metastabil und löst sich auf. Bei statischen Auflösungsexperimenten kommt es häufig zur Ausbildung einer alterierten Oberflächenschicht (AOS) auf dem Glas, in manchen Fällen auch zur Bildung von Sekundärphasen. Basierend auf den Freisetzungsraten von Bor oder Lithium werden üblicherweise drei Stadien der Glasauflösung als Funktion des Reaktionsfortschritts definiert: (I) initiale Auflösung, d. h. kongruenter Auflösung mit der höchsten Freisetzungsrate, (II) residuale Auflösung, gekennzeichnet durch eine um Größenordnungen niedrigere Auflösungsrate als in Stadium I, sowie (III) Wiederaufnahme der Glasauflösung mit initialer Rate. Mikroskopisch wurde die Bildung der AOS als Voraussetzung für die langsamere Auflösungskinetik in Stadium II identifiziert. Stadium III wird typischerweise unter bestimmten Bedingungen beobachtet, d. h. hohen Temperaturen und/oder hohem pH aufgrund des Einbaus von Si und Al in Sekundärphasen. Verschiedene Glasauflösungsmodelle zur Erklärung der Mechanismen der Ausbildung der AOS und der geschwindigkeitsbestimmenden Schritte wurden entwickelt und werden bis heute diskutiert.
In diesem Artikel werden verschiedene Aspekte der Glasauflösung aus der aktuellen Literatur und unserer eigenen Arbeit mit Fokus auf die mikroskopischen Aspekte der Ausbildung der AOS und der Sekundärphasen sowie der Wiederaufnahme der Glasauflösung diskutiert. Um die grundlegenden Mechanismen der Glasauflösung zu verstehen, wurden die meisten Experimente in der Literatur unter nahezu neutralen pH-Bedingungen und bei 90 ∘C durchgeführt, entsprechend industrieller Standardtests. Die Wechselwirkungen von Glas und zementhaltigen Werkstoffen, wie hier diskutiert, sind aber für die Sicherheitsbeurteilung relevant, da die meisten internationalen Konzepte Zement beinhalten, z. B. als Auskleidung, für Verschlussbauwerke oder als Teil des allgemeinen Aufbaus des Endlagers.
Ziel der hier vorgestellten Untersuchungen war es, den kombinierten Effekt von hyperalkalischen Bedingungen und einem sehr hohen Oberflächen-Volumen-Verhältnis (O/V = 264 000 m−1) auf die Auflösung von internationalem Standardglas (ISG = international simplified glass) und die Bildung von Sekundärphasen bei 70 ∘C in einem synthetischen calziumhaltigen Zementporenwasser (YCWCa = young cement water mit Calzium) zu untersuchen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass das O/V-Verhältnis ein Schlüsselparameter für die Auflösungsgeschwindigkeit und die Bildung der veränderten Glasoberfläche und der Sekundärphasen ist. Ein Vergleich mit ähnlichen Studien in der Literatur zeigt, dass insbesondere im mikroskopischen und Nanobereich differierende O/V-Verhältnisse zu unterschiedlichen Eigenschaften auf der sich auflösenden Glasoberfläche führen, obwohl die auf die Oberflächen normierten Elementfreisetzungsraten ähnlich erscheinen. Zeolith- und Kalziumsilikatihydratphasen wurden identifiziert und spielen für die Entwicklung der Lösungschemie eine entscheidende Rolle. Ein kinetisches Auflösungsmodell in Verbindung mit der Ausfällung von Sekundärphasen kann angewendet werden, um die Menge des gelösten Glases mit der Entwicklung des pH-Werts der Lösung in Beziehung zu setzen.